Karl [Carl] Kraus

Verfasser: Simon Bornschlegel, Manfred Brösamle-Lambrecht

Bild

Karl [Carl] Kraus

Karl [oder Carl] Kraus (5.2.1858-10.01.1940) wurde als das älteste von sieben Kindern von Johannes Jondoph (Jonas) Kraus und Karoline (Katti) Herrmann in Demmelsdorf geboren. 1890 zog er nach Lichtenfels und eröffnete in dem repräsentativen Gebäude Oberer Markt 21 ein Kurzwaren- und Textilgeschäft. 1917 erwarb er dieses Haus.

Carl Kraus 1937
Marktplatz Lichtenfels
Marktplatz Lichtenfels

Hoch angesehener Bürger bis 1933

Carl Kraus war ein bis 1933 hoch angesehener Lichtenfelser Bürger. Er gehörte seit 1908 dem Lichtenfelser Industrie- und Handelsgremium an.  Seit 1922 stand er der Israelitischen Gemeinde vor, war Ehrenmitglied und langjähriger Zeugwart der Freiwilligen Feuerwehr, ab 1924 gewählter Stadtrat, ab 1926 Vorstandsmitglied des Bayerischen Textileinzelhandelsverbands.

Zusammen mit seiner Frau Johanna geb. Neuburger hatte er drei Kinder: Henriette (*1894), Käthe und Josef (*1896).

Opfer des Rassismus und Antisemitismus

Bild

An seinem 75. Geburtstag noch öffentlich geehrt, warf man ihn auf Veranlassung der Nazis wenige Wochen später aus dem Stadtrat und allen anderen Ehrenämtern. Aus dem hochgeachteten Honoratioren wurde innerhalb kürzester Zeit der verfemte Jude.
 

Am frühen Morgen des 10. Novembers 1938 (nach der „Reichskristallnacht“) brachen Nazi-Schergen in sein Haus ein, zogen den Achtzigjährigen aus dem Bett und zerrten ihn halb bekleidet über den Marktplatz zur geschändeten und verwüsteten Synagoge, um sich an seinem Entsetzen zu weiden. In der Zwischenzeit plünderten ca. 20 Frauen den aufgebrochenen Laden.
 

Ende 1938 zwang man Carl Kraus, sein Geschäft zu schließen, im Mai 1939 das Haus weit unter Wert zu verkaufen. Er musste in das „Schächterhaus“ der jüdischen Gemeinde ziehen, in das man alle verbliebenen Lichtenfelser Juden pferchte. Am 10. Januar 1941 starb Carl Kraus an Herzinsuffizienz und Altersschwäche. Er wurde als einer der letzten auf dem Jüdischen Friedhof in Lichtenfels beerdigt.

Das Schicksal seiner Töchter Henriette und Käthe

Henriette heiratete 1920 Louis Grünebaum und zog mit ihm nach Aschaffenburg. Ihr Sohn Kurt, 1920 geboren, wanderte 1938 nach USA aus, seine Eltern folgten ihm im August 1941. Auch Käthe war 1940 in Aschaffenburg gemeldet und scheint mit der Familie ihrer Schwester gelebt zu haben. Jedenfalls wohnte sie in den Fünfziger Jahren bei ihr am Broadway in New York.